1. Warum kann die Grippe in seltenen Fällen tödlich verlaufen?
Grippe kann eine schwere Lungenentzündung auslösen. «Das kann lebensgefährlich werden», sagt Prof. Bernd Salzberger, Infektiologe am Uniklinikum Regensburg.
Selten kann die Influenza auch zu Entzündungen am Herzen oder im Hirn führen, erklärt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie.
Gut zu wissen: Gemessen an der Gesamtzahl der Erkrankungen liegt die Wahrscheinlichkeit, an Grippe zu sterben, ungefähr bei 0,1 bis 0,2 Prozent – so der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, im Februar 2020. Von 1000 Infizierten versterben nach dieser Schätzung also ein bis zwei Personen.
Bei solchen Zahlen ist zu beachten: Sie machen keinen Unterschied zwischen Menschen mit geringem und höherem Risiko für schwere Verläufe. Das heißt: Für ältere Menschen oder Personen mit geschwächtem Immunsystem ist die individuelle Gefahr durch eine Infektion gegebenenfalls höher.
2. Was spricht für eine Grippeschutzimpfung?
Die Grippeschutzimpfung verhindert jedes Jahr viele Todesfälle durch eine Grippe. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei sie das beste Mittel, um der Krankheit vorzubeugen und das Risiko von ernsten, schlimmstenfalls tödlichen Komplikationen zu senken.
Wichtig: Sie sollten den Schutz jedes Jahr erneuern. Denn die Viren verändern sich – und die Immunität hält nicht so lange.
Die gute Nachricht: «Je öfters man sich impfen lässt, desto breiter wird der Schutz. Das gilt auch, je häufiger man Grippe hatte», sagt Infektiologe Salzberger.
3. Für wen ist die Grippeimpfung ratsam?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Grippeimpfung für folgende Gruppen:
- allen Personen ab 60 Jahre
- Schwangeren ab dem 2. Trimester – bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge bestimmter Vorerkrankungen auch ab dem 1. Trimester
- Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislaufkrankheiten, Asthma oder Immunschwächen wie HIV
- Bewohnern von Alters- oder Pflegeheimen
- Menschen, die mit Personen einer Risikogruppe zusammenleben oder diese betreuen
- Personal in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen und im Gesundheitswesen
- Personen, die an Orten mit viel Publikumsverkehr arbeiten
4. Warum gilt die Impfempfehlung nicht für alle Menschen?
Die Stiko gibt nicht allen Menschen eine Impfempfehlung. Der Grund: Bei gesunden Kindern oder Erwachsenen unter 60 Jahren verläuft eine Influenza nach RKI-Angaben in der Regel ohne schwerwiegende Komplikationen.
Diese Empfehlung bedeutet aber nicht, dass sich diese Personen nicht impfen lassen können. Am Ende ist es – wie immer bei Impfungen – eine Abwägung von Nutzen und Risiko.
Diese Fragen können Sie sich stellen, um eine Entscheidung zu treffen:
- Sind Sie viel in Bus und Bahn unterwegs und damit eher Viren ausgesetzt?
- Fahren Sie eher ganzjährig allein im Auto oder erledigen Sie vieles zu Fuß oder auf dem Rad?
- Gibt es in ihrem Umfeld Personen, die Sie nicht anstecken möchten oder die bei einer Ansteckung besonders gefährdet wären?
5. Gibt es Menschen, die aufpassen müssen bei der Impfung?
Ja. Noch basieren Influenza-Impfungen meist auf Hühnereiweiß. Es komme selten vor, doch es gebe Menschen mit einer schweren Allergie gegen Hühnereiweiß, sagt Salzberger.
Für sie gibt es aber Impfstoffe, die auf Zellkulturen basieren und ohne Hühnerweiß auskommen.
6. Wie lautet die Empfehlung für Kinder?
Viele Eltern stellen sich die Frage, ob sie ihren Nachwuchs impfen lassen sollen. Ab einem Alter von sechs Monaten ist das zumindest möglich – und auch von der Stiko empfohlen, sofern das Kind aufgrund bestimmter Vorerkrankungen gesundheitlich mehr gefährdet ist.
Gesunde Kinder werden in der Regel gut mit einer Grippeinfektion fertig. Völlig unterschätzen sollten Eltern das Risiko einer Grippe aber nicht. «Wir sehen durchaus auch bei Säuglingen und Kleinkindern schwere Grippeverläufe, auch mit tödlichem Verlauf», sagt Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte.
Fischbach zufolge merken Kinder die Influenza-Impfung oft in Form von Kopf- und Gliederschmerzen oder Fieber. «Aber ernste Nebenwirkungen habe ich noch nicht gesehen», sagt der Mediziner.
Daher sei es überlegenswert, Kinder zu impfen. Schließlich sind sie in Kita oder Schule vielen Viren ausgesetzt. Auch wenn Kinder selbst nur mild oder unbemerkt erkranken, tragen sie das Virus vielleicht in die Familie und stecken etwa Oma oder Opa an.
7. Was muss ich wissen, wenn mein Kind geimpft werden soll?
Wer sein Kind das erste Mal gegen Influenza impfen lässt, sollte sich nicht wundern: Es bekommt in der Regel zwei Spritzen im Abstand von vier Wochen. Das soll die Immunantwort der Kleinen stärker anregen.
Die Doppeldosis gibt es aber nur bei der allerersten Grippeschutzimpfung und auch nur bis zu einem Alter von etwa 9 Jahren. Ab der zweiten Impfung bekommen alle Kinder – wie Erwachsene – nur eine Spritze.
Nasenspray als Alternative
Für Kinder ist auch ein Lebendimpfstoff zugelassen, der nicht gespritzt wird, sondern als Nasenspray verabreicht wird. Laut RKI gibt es ihn für Kinder zwischen 2 und 17 Jahren.
Er soll dann zum Einsatz kommen, wenn das Verabreichen der Spritze wegen großen Ängsten des Kindes vorm Piks (Spritzenphobie) oder wegen Blutgerinnungsstörungen problematisch ist.
Im Nasenspray steckt ein Lebendimpfstoff. Als mögliche Nebenwirkung kann das Kind laut RKI schnupfenähnliche Symptome entwickeln, also eine laufende oder verstopfte Nase.
Bei einer Immunschwäche oder wenn das Kind schweres Asthma hat, sollte der Impfstoff nicht eingesetzt werden.
Generell spreche allerdings nichts gegen seinen Einsatz, so Prof. Reinhard Berner. Der Kinder- und Jugendmediziner vom Uniklinikum Dresden ist auf Infektionskrankheiten spezialisiert. «Der nasale Impfstoff ist praktisch und ich würde ihn für sinnvoll und gleichwertig halten gegenüber anderen Impfstoffen, die gespritzt werden.» Für viele Kinder sei das eine echte Alternative.
8. Wann ist der beste Zeitpunkt für die Impfung?
Die Grippewelle ist meistens zwischen Januar und März am stärksten. Allgemein lautet die Empfehlung deshalb, sich Ende Oktober bis Anfang November impfen zu lassen.
Hintergrund: Die optimale Schutzwirkung beginnt rund zwei Wochen nach dem Stich und nimmt nach drei Monaten langsam ab. Auch gegen Ende des Jahres kann eine Impfung noch sinnvoll sein.
9. Bei wem erhalte ich die Impfung?
Hausärzte haben Impfdosen oft vorrätig. Mitunter kann es sein, dass der Mediziner oder die Medizinerin sie verschreibt. Dann müssen Sie den Impfstoff in der Apotheke abholen und danach wieder in die Praxis gehen, damit Ihnen dort die Spritze gesetzt wird.
Möglich ist die Impfung meist auch:
- bei Kinderärzten
- bei HNO-Ärzten
- bei Lungenfachärzten (Pneumologen)
- in vielen Betrieben, die sie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anbieten
10. Welche Nebenwirkungen können bei der Impfung auftreten?
In der Regel ist der Impfstoff gut verträglich, schreibt das RKI.
Mögliche Nebenwirkungen:
- Die Einstichstelle kann schmerzen, sich röten und anschwellen. Das passiert nach Angaben des Schweizer Bundesamts für Gesundheit bei 10 bis 40 Prozent der Geimpften.
- Manchmal fühlt man sich nach der Impfung etwas «grippig» – hat also etwas Fieber, fröstelt, ist müde und hat Kopf- und Gliederschmerzen. Das hört in aller Regel nach ein bis zwei Tagen auf.
Wichtig: Wer sich nach der Impfung schlapp fühlt, sollte sich schonen. Auch Belastungen – zum Beispiel ein Training oder ein Saunabesuch – sind nach RKI-Angaben zumindest unmittelbar nach der Impfung nicht unbedingt zu empfehlen.
Tipp: Experten des Uniklinikums Ulm raten Sportlerinnen und Sportlern, dass der Tag nach der Grippeschutzimpfung trainingsfrei sein sollte. Gegen moderates Training oder einen Saunabesuch in den Tagen nach der Impfung spricht an sich nichts, solange man sich gut fühlt.
11. Schützt die Impfung zu 100 Prozent vor einer Ansteckung?
Nein. Denn es sind viele verschiedene Influenzaviren im Umlauf. Und die Viren verändern sich schnell.
Expertinnen und Experten analysieren deshalb weltweite Labordaten. So versuchen sie, die bestmögliche Impfstoff-Mischung für die nächste Grippesaison zu finden.
Das ist natürlich mit Unsicherheiten behaftet. Denn die Fachleute müssen viele Monate vorher abschätzen, welche Viren voraussichtlich zirkulieren werden. Die Trefferquote ist deshalb mal mehr und mal weniger gut.
Zwei Beispiele:
- In der Saison 2019/20 hatte der Impfstoff in Deutschland Untersuchungen zufolge eine Wirksamkeit von 62 Prozent.
- Zwei Jahre zuvor lag die Wirksamkeit bei nur 15 Prozent. In jener Saison (2017/18) gab es laut RKI-Schätzung mehr als 25 000 Grippetote hierzulande – die höchste Zahl der vergangenen 30 Jahre.
Die Zahl der grippebedingten Todesfälle schwankt von Jahr zu Jahr mitunter sehr stark. Verläuft eine Influenzasaison mild, liegt die Zahl der Todesfälle eher im dreistelligen Bereich.
12. Warum ist eine Impfung dennoch sinnvoll?
Die oben genannten Zahlen treffen eine Aussage dazu, wie gut Geimpfte vor einer Ansteckung geschützt sind. Sollte sich jemand trotzdem anstecken, leistet die Impfung gegen Influenza jedoch noch etwas anderes: Sie senkt auch – ähnlich wie die Corona-Impfstoffe – das Risiko einer schwerer Erkrankung im Falle einer Ansteckung.
Übrigens: Natürlich können sich Geimpfte auch erkälten. Denn die Impfung schützt vor bestimmten Grippeviren, aber nicht vor den vielen Erkältungsviren, die im Umlauf sind. Die Risiken bei einer Erkältung sind aber im Vergleich zu einer Grippe harmlos.
13. Welcher Impfstoff wird genutzt?
Zum Einsatz kommt in der Regel ein Vierfach-Impfstoff. Er enthält Antigene von den vier Influenzavirus-Varianten, die nach Einschätzung der WHO am wahrscheinlichsten bei der nächsten Grippewelle zirkulieren werden. Meist handelt es sich um einen Totimpfstoff mit abgetöteten Grippeerregern.
Für Personen ab 60 Jahre wird seit 2021 von der Stiko ein Hochdosisimpfstoff empfohlen.
Salzberger erklärt, was es damit auf sich hat: «Da ist mehr Wirkstoff drin, weil man weiß, dass ältere Erwachsene mehr Anreiz brauchen, damit ihr Immunsystem einen guten Schutz aufbaut», so der Infektiologe. «Die Schutzwirkung des Impfstoffs ist im Vergleich zur normalen Mischung etwas höher.»
Salzbergers Rat: «Ältere Menschen sollten ruhig bei ihrem Arzt aktiv nach dem Hochdosisimpfstoff fragen. Vermutlich kann er etwas mehr Nebenwirkungen verursachen, dafür bringt er auch etwas mehr.»
14. Wie verläuft die Grippesaison 2022/23?
In der Pandemie wurden mit Homeschooling, zeitweise geschlossenen Kitas, Masken, Kontaktbeschränkungen und Abständen nicht nur das Coronavirus zurückgedrängt, sondern auch andere Viren. Daher ist die Grippewelle in den vergangenen zwei Jahren quasi ausgefallen.
In der Saison 2022/23 gab es jedoch schon im Spätherbst sehr viele Grippeinfektionen. Die Grippewelle begann damit früh und rollte zugleich relativ rasant durchs Land. Höhepunkt war die 50. Kalenderwoche vor Weihnachten mit allein 52 651 Fällen.
Derzeit gehen die Zahlen nach RKI-Angaben wieder zurück. In der ersten Januarwoche beispielsweise waren es nur noch 12 743 Fälle. Die Grippewelle könnte damit früher enden als üblich.
15. Was kostet eine Grippeschutzimpfung?
Zählt man zu einer Gruppe, der die Stiko die Impfung empfiehlt, zahlt die Krankenversicherung diese in aller Regel.
Ansonsten gilt: Es kommt auf den Anbieter an. Manche Krankenkassen zahlen allen Versicherten die Influenza-Impfung. Manche kommen anteilig auf. Andere zahlen gar nicht, wenn einem die Impfung nicht empfohlen wird.
Tipp: Es lohnt sich, auf der Website des Versicherers nachzuschauen oder einmal beim Service-Telefon anzurufen und nachzufragen.
Eine Alternative ist möglicherweise der Arbeitgeber. Viele Betriebe bieten Angestellten kostenlose Impfungen an.
Wer selbst zahlt, muss mit etwa 30 bis 60 Euro rechnen. Die genaue Höhe hängt vom genutzten Impfstoff und den Kosten ab, die Arzt oder Ärztin für die Beratung und das Setzen der Spritze berechnen.
Quelle: dpa